Herrschaftspraktiken

14.07.2012 - 09.03.2015
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Gedenkdienst, Ausgabe 2/00
http://www.gedenkdienst.at/index.php?id=222

„Keiner der Spiegelgrund-Leute hat geredet“

Johann Gross’ Leben in NS-Erziehungsanstalten

Johann Gross wurde 1930 in Wien geboren, in sogenannte „asoziale“ Verhältnisse. Er wuchs in Pflegefamilien auf, wo er sich zum Teil sehr wohl fühlte, wurde aber 1939 wieder in die Obsorge seines alkoholkranken Vaters zurückgegeben. 1940 kam er ins Hyrtelsche Waisenhaus nach Mödling und geriet damit in die Maschinerie der NS-Erziehung. Die öffentliche Fürsorge (Jugendämter, Erziehungsanstalten, Heime) war in relativ kurzer Zeit zu einem reibungslos funktionierenden Teil des NS-Systems geworden, das der Bekämpfung und Disziplinierung jeder Form abweichenden Verhaltens diente. In der gesamten Gesundheits- und Sozialpolitik wurde der Wert des Menschen für die Gesellschaft (v. a.  Leistungsfähigkeit und Anpassungsbereitschaft) zum wichtigsten Kriterium für ein Kontinuum von Maßnahmen, das von der Förderung besonders Begabter bis zur physischen Vernichtung „wertloser“ Menschen reichte.
Im Mödlinger Waisenhaus wurde den Jugendlichen die NS-Ideologie mit den brutalsten Mitteln „schwarzer Pädagogik“ eingebläut. Die schrecklicheren Erinnerungen sind für Johann Gross aber mit dem Spiegelgrund verbunden, wohin er aufgrund einiger Ausbruchsversuche aus Mödling kam: „In Mödling gab es noch Beziehungen, wenn auch Feindschaften“, so Johann Gross. Am „Spiegelgrund“ gab es nicht einmal mehr die von Angst und Gewalt geprägten Beziehungen von Mödling: Dort herrschte eine eisige Spitalsatmosphäre, in der sich in unmittelbarer Nachbarschaft die klinische Hinrichtung hunderter „Unbrauchbarer“ vollzog.
1945 bedeutete nicht, dass die Stigmatisierung als sogenannte „Asoziale“ beendet war. Johann Gross schloß 1948 seine Lehre als Maler und Anstreicher ab, was das Ende seiner Zeit in Heimen und Erziehungsanstalten war. Später absolvierte er die Meisterprüfung und war bis zur Pensionierung selbständig. 1997 erschien ein Artikel in der Zeitschrift „News“ über seine Kindheit und Jugend. Sein Buch „Spiegelgrund – Leben in NS-Erziehungsanstalten“ wurde 2000 veröffentlicht.

GEDENKDIENST: Die Behörden haben ihren Akt von Mödling und vom Spiegelgrund verwendet nach 1945?
Gross: Ja, und es war teilweise noch dasselbe Personal an diesen Orten.

GEDENKDIENST: Hatten sie später Kontakt zu anderen „Zöglingen“?
Gross: Nein, ich wollte auch nicht. Ich habe hie und da ehemalige „Zöglinge“ getroffen: „Na, wie geht’s dir, Servus.“ Damit war der Fall für mich wieder ziemlich erledigt. Erst in den letzten drei Jahren hab ich einige wieder getroffen, vor allen Dingen den Zawrel ( Friedrich Zawrel war als Kind am Spiegelgrund).

GEDENKDIENST: 50 Jahre lang wollten sie mit all dem überhaupt nichts mehr zu tun haben …
Gross: Völlig richtig, und zwar aus folgendem Grund: die KZ-ler zum Beispiel sind stolz, dass sie sagen können, wir waren im Widerstand. Ich hatte nur aufzuweisen, dass ich ein schwer erziehbares Kind war, dass ich „asozial“ war. Keiner von den Spiegelgrund-Leuten hat geredet. Meinen Kindern war ich – glaube ich – immer ein Vorbild. Ich habe erwachsene Söhne, und ich hatte Angst, dass die Vorbildwirkung wegfällt.

GEDENKDIENST: Ihre Kinder haben nie Fragen gestellt?
Gross: Ich hab Ausflüchte gehabt. Ich hab gesagt, ich will darüber nicht reden, es ist mir nicht gut gegangen …

GEDENKDIENST: Was hat sich nach 1945 für sie verändert?
Gross: Es war eine Hungersnot in Österreich, das hat für alle gegolten, aber es hat sich nie mehr jemand vom Jugendamt um mich gekümmert. Ich hab auf eigenen Füßen stehen müssen.

GEDENKDIENST: Sie waren allein?
Gross: Ja, völlig allein. Ich hatte eine zwei Jahre jüngere Schwester. Sie war auch am Spiegelgrund. Ich habe sie einmal gesehen, an der Hand einer Schwester. Das nächste Mal hab ich sie gesehen, da war ich schon Lehrling.

GEDENKDIENST: Sie war die einzige, mit der sie gesprochen haben?
Gross: Ja. Meine Schwester war nicht so lang am Spiegelgrund, sie war da einige Monate und kam dann in eine andere Anstalt. Es war auch eine strenge Erziehung, aber nicht vergleichbar mit dem Spiegelgrund.

GEDENKDIENST: Ist es ihnen gelungen, das so wegzuschieben?
Gross: Gelungen ist es mir nie. Mir hat in den ganzen Jahren oft davon geträumt, die grauslichsten Sachen hab ich immer wieder gesehen, also Dinge von der Spritze, den Keller in der Strafgruppe, verschlossene Türen, Mauern, derlei Sachen. Und das Gefühl einer nicht definierbaren Angst … Ich hab mich nie davon befreit. Ich merke es heute noch, wenn ich manchmal munter werde und schweißgebadet bin.

GEDENKDIENST: Erinnern sie sich an den Vogt-Prozess Ende der 70er?
Gross: Ja, ich habe das genau verfolgt, aber ich hatte damals nicht die Absicht zu reden. Der Vogt hat sich für den Zawrel eingesetzt, der war der Anlass. Er war ein Idealist, ich hatte aber das Gefühl, dass er nichts erreicht.

GEDENKDIENST: Letztlich war das aber der Anfang vom Ende der Karriere des Heinrich Gross?
Gross: Ja, das rechne ich ihm auch hoch an. Beruflich hat es dem Vogt aber nicht viel genützt, seine Beschäftigung mit der kritischen Medizin.

GEDENKDIENST: Wann war dann der Punkt „jetzt rede ich darüber“?
Gross: Anlässlich einer Fernsehsendung vor etwa drei Jahren, da war Dr. Gross zu sehen. Mein jüngerer Sohn war bei mir; da hab ich gesagt, ich glaub ich kenn den besser als die meisten, die da reden … ich kenn niemand, der über drei Jahre dort war. Da hat mein Sohn gesagt, warum redest du nicht darüber … und ich hab noch immer nicht wollen. Mein Sohn hat „News“ verständigt,  und dann kam der erste Artikel. Dann hat man mich verwiesen an Hannah Lessing, ich hab dann vom Fonds was gekriegt, und sie hat mir auch geraten, ich soll einreichen wegen einer Opferrente.

GEDENKDIENST: … der erste Versuch, eine Opferrente zu bekommen?
Gross: Richtig. Ich hab es nie versucht. Ich war zwar ein Opfer, aber ich habe mir gedacht, ich kann nicht konkurrieren mit einem KZ-ler.

GEDENKDIENST: Haben sie es nie bereut, dass sie diesen Schritt gemacht haben vor drei Jahren?
Gross: Ich bereue es, dass ich es nicht früher gemacht habe. Ich gehe jetzt viel an Schulen, ich hab mich ein bisschen schlau gemacht, mir Literatur besorgt über die Zeit. Ich weiß heute wesentlich mehr als vor 10 Jahren.

GEDENKDIENST: Was versuchen sie den Jugendlichen mitzuteilen?
Gross: Ich versuche sie ein bisschen zu immunisieren gegen Einflüsse, die heute wieder sehr stark sind. Ich erkläre ihnen, was man damals unter „asozial“ verstanden hat, wer „unwertes Leben“ war, was Euthanasie bedeutet hat, dass man aufgrund irgendeines Leidens nicht lebenswert ist und ich muss sagen, die Kinder verstehen das recht gut. Sie stellen oft gescheite Fragen, manchmal wenn die Pausenglocke läutet bleiben sie sitzen, spitzen die Ohren, das sind für mich schöne Erlebnisse.

GEDENKDIENST: Was denken sie sich, wenn sie gleichzeitig in der Politik hören von den Fleißigen und Tüchtigen, den Anständigen
Gross: Ich bin nach wie vor überzeugt, wenn Teile der Gesellschaft so könnten wie sie wollten, dann gäbe es wieder „unwertes Leben“.

GEDENKDIENST: Fühlen sie sich betroffen, wenn das gesagt wird?
Gross: Ja, und ich bin überzeugt, dass ein Haider den gleichen Gedankengang hat. Bei den Medizinern bin ich mir auch nicht sicher … Zu jener Zeit hat das jeder freiwillig gemacht. Das gibt mir zu denken: es ist keiner gezwungen worden Kinder zu töten.

GEDENKDIENST: Wussten sie, dass Heinrich Gross Karriere machte?
Gross: Ja, man hat immer wieder gelesen, wenn er Prozessgutachter war.

GEDENKDIENST: Ihr Verhältnis zu ÄrztInnen im Krankenhaus, wenn sie jetzt hinkommen, hat das Erinnerungen geweckt an diese Zeit?
Gross: Eigentlich nicht zu Medizinern, eher zu Psychologen, Psychiatern. Da hätte ich Hemmungen gehabt …

GEDENKDIENST: Bei ESRA war es das erste Mal, dass sie Kontakt mit einem Psychiater hatten?
Gross: Diese Gespräche dort in der Gruppe tun uns sehr gut; und noch mehr, wenn wir fertig sind, dann gehen wir in ein Kaffeehaus, kaufen uns dort
eine Kleinigkeit und reden untereinander. Das bringt meiner Ansicht nach mehr, als diese sogenannte Therapie. Man kann, wenn ein anderer dabeisitzt, der das nicht  kennt, nicht so reden. Das geht uns allen so.

GEDENKDIENST: War die Angst zu erzählen begründet?
Gross: Das kann ich nicht beurteilen, was Menschen sich denken; im Hinterkopf ist dieser Begriff „asozial“ immer noch da. Bei meinen Freunden war das Echo aber durchwegs positiv.

GEDENKDIENST: Wir danken für das Gespräch.

Siehe auch:
Johann Gross, Spiegelgrund, Leben in NS-Erziehungsanstalten, Ueberreuter 2000
http://www.ueberreuter.at/buecher/isbn/9783800075812/
Des Weiteren:
http://www.wolfgangkrisch.at/Penzing/04Archiv/Spiegelgrund,Buch-JohannGross,240402.htm
http://www.wolfgangkrisch.at/Penzing/04Archiv/Spiegelgrund-Rueckblick,220402.htm
http://www.wolfgangkrisch.at/
http://sciencev1.orf.at/science/news/49691

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Interviews mit Zeitzeugen vom Spiegelgrund:
http://neu.gedenkstaettesteinhof.at/de/interviews/

Leopoldine Maier (*1935, Wien)
stellt anhand Ihrer persönlichen Erlebnisse die Funktion und Wirkungsweise
von lebenslang traumatisierenden Herrschaftspraktiken einfach und klar dar:
http://neu.gedenkstaettesteinhof.at/de/interviews/videos/Leopoldine-Maier
http://neu.gedenkstaettesteinhof.at/de/interviews/transscript/Leopoldine-Maier

Franz Pulkert (*1936, Wien)
War von 1945 bis 1952 Insasse des Kinderheim Wimmersdorf.
Siehe: http://ruzsicska.blogspot.co.at/p/uber-die-geschichte-des-heimes.html
http://neu.gedenkstaettesteinhof.at/de/interviews/videos/Franz-Pulkert
http://neu.gedenkstaettesteinhof.at/de/interviews/transscript/Franz-Pulkert

Ferdinand Schimatzek (*1939, Amstetten):
„Man kann keinen Strich darunter machen, von Heim zu Heim,
vom Spiegelgrund ins Pensionistenheim“
http://neu.gedenkstaettesteinhof.at/de/interviews/videos/Ferdinand-Schimatzek
http://neu.gedenkstaettesteinhof.at/de/interviews/transscript/Ferdinand-Schimatzek

Aufenthaltsstationen während meiner traurigen Kindheit:

ab Tag der Geburt bei den Eltern in Wien 25
3 Monate und 13 Tage
von 20.09.1939 bis 5.11.1939 in Wien 9, KÜST, Lustkandlgasse 50
1 Monat und 26 Tage
von 6.11. 1939 bis 11.02.1942 bei Pflegeeltern in NÖ
2 Jahre 2 Monate und 5 Tage
vom 3.6.1942 bis 19.12.1942 im N.S.V. Heim Nationalsozialistische Volkswohlfahrt,
Wien 24, Gaadnerstrasse 36 - 38
6 Monate  und 13 Tage.
11.02.1942  bis13.10.1944 bei den Eltern in Wien 25
5 Monate und 13 Tage
13.10.1944 bis 26.01.1945 Wien 14., Baumgartnerhöhe,
Wiener Stätische Nervenklinik am Spiegelgrund
3 Monate und 13 Tage
ab 26. 01.1945 bis 05.04.1945 Wien 18, Pötzleinsdorferstrasse 46 Kinderheim
2 Monate und 10 Tage
am 05.04.1945, bis 21.10,1945, Umquartierung mit Schiff,
Kl. F. Lager Prof. Liebl, in  Bayern/BRD
6 Monate  und 16 Tage
ab 21.10.1945 bis 07.11.1945, in Wien 9, KÜST, Lustkandlgasse 50
1 Monat und 17 Tage
ab 06.11.1945 bis 16.08.1949, in Wien 24, Hinterbrühl, Gaadnerstrasse 52
– Hans und Anna Sauer Kinderheim (Kloster Schwestern vom Hl. Kreuz)
3 Jahre  und 30 Tage
ab 16.08.1949 bis 19.09.1950 in Wien 16, Rückertgasse im Kinderheim  Kloster
1 Jahr 1 Monat und 3 Tage
ab 19.09.1950 bis 10.07.53 in Wien 24, Mödling, Wienerstraße 18,
Erziehungsheim  ehem. Hyrtl´sche Waisenanstalt
2 Jahre und 9 Monate, 30 Tage
ab 10.07.1953 bis 23.01.1954 in Wien 20,Waasnergasse 33  Lehrlingsheim
6 Monate und 13 Tage
ab 23.01.1954 zur Mutter
5Jahre 39. Tage
Am 01.04.1959 Militärdienst bei Feldjägerbataillon Nr. 5 in Wien 13, Fasangartenkaserne
9 Monate

Anmerkung, Ferdinand Schimatzek:
Meinen Vater habe ich nie gekannt er verstarb 1943 im KH-Scheibbs NÖ.

Auf Grund der Aufzeichnungen war ich bis zum 15. Lebensjahr
nur ca 6 Jahre, 2 Monate und 16 Tage bei meiner leiblichen Mutter.


Friedrich Zawrel (1932 - 2015, Wien)
überführte den Gutachter Dr. Heinrich Gross,
welcher durch den Gutachter Dr. Reinhard Haller* als verhandlungsunfähig "begutachtet" wurde:
http://gedenkstaettesteinhof.at/de/interviews/videos/Friedrich-Zawrel
http://gedenkstaettesteinhof.at/de/interviews/transscript/Friedrich-Zawrel
Die Wiederbegegnung (2001) - Oliver Lehmann - veröffentlicht am 26.05.2013
http://www.oliverlehmann.at/2013/05/13526-die-wiederbegegnung-2001/

*Div. Infos über den Gutachter Dr. Reinhard Haller:
http://ruzsicska.blogspot.co.at/p/kommissionsakrobatik.html#Die%20Unabh%C3%A4ngige%20Opferschutzanwaltschaft
http://de.wikipedia.org/wiki/Reinhard_Haller
https://sites.google.com/site/gutachterkrimi/reinhard-haller

Abschied von Friedrich Zawrel am 16. März 2015 in der Feuerhalle Simmering (Vienna Online, 06.03.2015)
http://www.vienna.at/abschied-von-friedrich-zawrel-am-16-maerz-2015-in-der-feuerhalle-simmering/4257296
"Trauerfeier für Friedrich Zawrel: Am Montag, dem 16. März 2015, verabschieden sich Freunde, zahlreiche Trauergäste aus Politik, Medien, Kultur und die Bevölkerung von dem am 20. Februar 2015 verstorbenen Spiegelgrund-Überlebenden.
Die Trauerfeier für Friedrich Zawrel findet am Montag, dem 16. März 2015, in der Feuerhalle Simmering statt. Diese beginnt um 15:00 Uhr, Einlass ist ab 14:00 Uhr.
Abschied von Friedrich Zawrel
Die Ansprachen werden gehalten von Frau Stadträtin Mag. Sonja Wehsely, Dr. Werner Vogt (Arzt und Publizist), Nikolaus Habjan (Leiter des Schubert Theaters), und zwei Schülern.
Die Trauerfeier wird mit Musik von Wolfgang Amadeus Mozart umrahmt, Kondolenzbücher und Gedenkbilder liegen auf. Die Urne wird zu einem späteren Zeitpunkt in einem Ehrengrab der Stadt Wien beigesetzt."

Spiegelgrund-Überlebender Friedrich Zawrel gestorben (Der Standard, 20.02.2015)
http://derstandard.at/2000011983933/Spiegelgrund-Ueberlebender-Friedrich-Zawrel-gestorben

Stadträtin Sonja Wehsely tief betroffen über das Ableben von Friedrich Zawrel (OTS, 20.02.2015)
http://www.ots.at/presseaussendung/OTS_20150220_OTS0209/stadtraetin-sonja-wehsely-tief-betroffen-ueber-das-ableben-von-friedrich-zawrel
Zitat Sonja Wehsely aus der OTS-Aussendung vom 20.02.2015:
Wien (OTS) - "Am Spiegelgrund" fielen zwischen 1940 und 1945 rund 800 Kinder den Verbrechen der Nazis zum Opfer. Insgesamt wurden in der Anstalt Steinhof, dem heutigen Otto-Wagner-Spital, rund 7.500 PatientInnen von den Nazis ermordet. Mit Friedrich Zawrel ist heute ein Überlebender verstorben, der als Spiegelgrund-Opfer unermüdlich Zeugnis über diese Greuel der Nazizeit ablegte und die öffentliche Diskussion über den ehemaligen Arzt der Tötungsklinik "Am Spiegelgrund" Dr. Heinrich Gross in Gang brachte.

"Friedrich Zawrel hat Unglaubliches erlitten. Trotzdem hat er sich von den Greueltaten der Nazis nicht brechen lassen, er ist nicht verstummt. Im Gegenteil: Er hat maßgeblich dazu beigetragen, dass die öffentliche Debatte über die gefolterten und ermordeten Kinder vom Spiegelgrund begann. Dafür gebührt ihm der Dank des Landes Wien und der Dank jener Generationen, die die Verbrechen der Nazis nur aus dem Geschichtsunterricht kennen", zeigte sich die Wiener Gesundheits- und Sozialstadträtin Sonja Wehsely tief betroffen über das Ableben von Friedrich Zawrel.

"Friedrich Zawrel war bereit, durch seine Zeitzeugenberichte Zeit seines Lebens sein eigenes Martyrium immer und immer wieder neu zu durchleben. Er hat dies in bewundernswerter Weise auf sich genommen, um einen außergewöhnlichen Beitrag dazu leisten, dass die nachkommenden Generationen sich ihrer Verantwortung stellen", so die Stadträtin. "Friedrich Zawrel hat uns immer vor Augen geführt, dass wir diese Verantwortung wahrnehmen müssen. Sein Ableben darf kein Schlussstrich unter die Verbrechen vom Spiegelgrund sein. Wir müssen den Gedanken und die Erinnerung an diese Greueltaten aufrecht erhalten und uns der Auseinandersetzung mit der Vergangenheit stellen, ganz im Sinne des 'Niemals vergessen! Das sind wir alle Friedrich Zawrel schuldig", so Wehsely abschließend.

NS-Opfer Friedrich Zawrel gestorben (ORF, 21.02.2015)
http://wien.orf.at/news/stories/2695920/
Zitate aus dem ORF-Artikel vom 21.02.2015:
„Friedrich Zawrel ist einer jener, dessen Geschichte in Österreich zu lange nicht gehört werden wollte. Seine Rehabilitierung erfolgte leider viel zu spät“, meinte Nationalratspräsidentin Doris Bures (SPÖ). „Zawrels Tod ist für mich auch Verpflichtung. Seine Biografie dokumentiert Gräueltaten des Nationalsozialismus ebenso wie deren unzureichende Aufarbeitung durch die Justiz“, reagierte Justizminister Wolfgang Brandtsetter (ÖVP).

„Friedrich Zawrel war bereit, durch seine Zeitzeugenberichte Zeit seines Lebens sein eigenes Martyrium immer und immer wieder neu zu durchleben“, zeigte sich die Wiener Gesundheits- und Sozialstadträtin Sonja Wehsely (SPÖ) betroffen über das Ableben Zawrels.
Publiziert am 21.02.2015

Aussagekräftiger Vortrag mit Diskussion von Friedrich Zawrel, vom 30.04.2010 (Teil1-2):
http://www.oesterreich-am-wort.at/treffer/atom/14D8B373-0A8-0001E-00000C78-14D82A36/page/list/o/0/
http://www.oesterreich-am-wort.at/treffer/atom/14D8B3A1-23F-00020-00000C78-14D82A36/

... einige Interviews und Dokus mit Friedrich Zawrel:
http://www.oesterreich-am-wort.at/index.php?id=233&atomid=1182AB6C-203-000E8-00000128-118225B4
https://www.youtube.com/watch?v=azSPbyvr_Ms

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Literaturempfehlung:

Elias Canetti
Masse und Macht
ISBN: 978-3-596-26544-2
Reihe: Fischer Taschenbücher. Bücher des Wissens
Verlag: Fischer Taschenbuch
Format: Flexibler Einband 592 Seiten; 190 mm x 120 mm, 32., Aufl., 2011
http://www.fischerverlage.de/buch/masse_und_macht/9783596265442

Über Elias Canetti
Elias Canetti, 1905 in Rousse (Rustschuk)/Bulgarien geboren, studierte nach Aufenthalten in England und Frankfurt Naturwissenschaften in Wien und schrieb seinen großen Roman »Die Blendung«. 1938 musste er Österreich verlassen und emigrierte mit seiner Frau Veza nach England, wo sein soziologisches Hauptwerk »Masse und Macht« entstand. Seit den späten 60er Jahren lebte er in London und Zürich, wo er 1994 starb. Elias Canetti erhielt 1981 den Nobelpreis für Literatur.
Siehe auch: http://de.wikipedia.org/wiki/Elias_Canetti
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